Vorstellung Magus Morbus

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Autor: Magus Morbus

Teil 1

„… das soll echter Blutwein sein? Schmeckt ziemlich verdächtig nach Kirsche, meinst du nicht auch? Ach so, Kirschsaft. Tja, das waren noch Zeiten, als in den Blutwein tatsächlich noch die Überreste gefallener Feinde geworfen wurden. Hast ja recht, man kann sich dabei seltsame Krankheiten holen, aber etwas Gefahr erhöht doch die Würze des Lebens. Sind wir echte Kerle oder kleine Schulmädchen? Und wer mal wie ich zum „Tod der Tausend Schnitte“ verurteilt worden ist hat eh vor nichts mehr Angst. Außerdem kann man die Gefahr der Ansteckung verringern, wenn man nur gegen unerfahrene Feinde kämpft. Die haben noch nicht so viele Orgien mitgemacht und sind dementsprechend weniger verseucht. Jungfrauen sind auch nicht schlecht… aber das wäre eine Verschwendung. Soo gut schmeckt Blutwein dann auch wieder nicht.

Wer ich überhaupt bin, so in deiner Kneipe rumzutönen? Komisch, das ich mich noch nicht vorgestellt habe, ich spreche doch sonst so gerne über mich: Magus Morbus ist mein Name, und immerhin habe ich es zum Obersten Invocator des Reiches von Theostelos geschafft. Ein schöner Titel, welcher aber nur davor ablenken soll, das man mir bislang noch kein echtes Lehen zugestanden hat. Offensichtlich traut man mir nicht und vermutet, ich könnte putschen. Wie sie auf diesen Gedanken kommen? Nun, vermutlich weil ich mit einem Putsch gedroht habe. Das war unweise, aber ich war auch ziemlich betrunken an dem Abend. Da hat der Wein auch besser geschmeckt als diese Brühe, die du mir da andrehen willst.

Nein, ich bin wirklich nicht von hier. Manche meinen ja, ich wäre unter einem feuchten Stein hervor gekrochen oder aus einer Erdspalte entschlüpft. Keine sonderlich schmeichelhaften Vermutungen, aber ich bin den Urhebern dieser Gerüchte nicht weiter böse. Schließlich soll man nicht schlecht über Tote reden. Ich komme aus dem Süden von Theostelos, lebe aber schon so lange in der Hauptstadt Theosophia, das man mich für einen geborenen Städter halten könnte.

Schon an meinem ersten Abend in der Stadt bekam ich einen Becher frisch gezapften Blutwein, seitdem wünsche ich mich immer nach Hause zurück, wenn ich Blut rieche. Ich weiß es noch, als wäre es gestern gewesen: ein geschwätziger Reiseführer schleppte eine Anzahl neugieriger Adliger aus diversen Nachbarreichen in eine der übleren Gegenden der Stadt. Nun gut, eigentlich in die übelste aller Gegenden, welche ich mir vorstellen kann. Und ich habe eine ziemlich große und zudem recht schmutzige Phantasie, das kann ich dir versichern. Da ich ein wahrheitsliebender Mensch bin behaupte ich jetzt nicht, das ich nur aus Zufall dort war. Leider hatte ich zu dieser zeit einen kleinen finanziellen Engpass, du weißt ja sicher wie das ist. Ein Erbschaft ließ auf sich warten und meine gesamte Barschaft steckte in einem todsicheren Geschäft, welches mich über alle Vorstellungskraft hinaus reich machen würde. Oder was ich sonst zu dem Zeitpunkt so alles erzählte, um meine Gläubiger ruhig zu stellen. Beruhige dich, natürlich kann ich deinen Wein bezahlen. Auch wenn er es eigentlich nicht verdient hat, so wässrig wie Der schmeckt.

Jetzt unterbreche mich nicht ständig, sonst verliere ich noch den Faden. Wo war ich? Ach ja, in Theosophia, abgebrannt bis auf den letzten Heller und ohne feste Unterkunft. Von meinem einstigen zwischenzeitlichen (und recht unverdienten) Wohlstand war mir nicht mehr geblieben als mein getreuer Sklave Achmed, welcher mir enthusiastisch hinterher schlurfte und nur gelegentlich an der Flucht gehindert werden musste. Als ich jedenfalls diese adlige Reisegruppe sah, dachte ich mir sofort, das uns allesamt schmerzhafte, aber auch lohnende Erfahrungen bevorstanden; schmerzhaft für die eine Seite, hoffentlich lohnend für mich. Adelsblut mochte Blau sein, konnte aber ebenso leicht vergossen werden wie die verseuchte Brühe eines verkrüppelten Aussätzigen.

Ich heftete mich möglichst unauffällig an die Fersen der adligen Müßiggänger und unterschied mich damit nur unwesentlich von den anderen Bewohnern dieses heruntergekommenen Viertels. Sobald die ersten Besucher ihr Leben in der Gosse aushauchten, würde das Gold geradezu sprichwörtlich auf der Strasse liegen. Fröhlich kichernd bewegten sich die arglosen Adligen immer tiefer in das Viertel hinein und damit auch immer weiter von den Fluchtwegen fort. Sie bemerkten überhaupt nicht, was um sie herum geschah.

Konnte man wirklich derartig naiv sein? Offensichtlich schon; der Ruf Theosophias als Hauptstadt der „netten Mönche von nebenan“ schien unsere Besucher glauben zu machen, das die gesamte Stadt nur von Heiligen bewohnt wäre. Ich war gerne bereit, zu einem realistischeren Bild meines Landes beizutragen."

Teil 2

Unsere naive Karawane der Ahnungslosen näherte sich nun kichern und schwatzend einem durch Fackeln, Glühwürmchensekret und grünlich leuchtenden Kerzen erhellten Bereich. Hierbei handelte es sich um den Richtplatz des örtlichen Nagesh-Tempels, aber die amüsierten Besucher hielten den verfluchten Ort vermutlich für einen festlich geschmückten Tanzboden. Wofür sie den blutverschmierten Opferaltar hielten ist mir allerdings bis heute nicht recht klar. Jedermann mit auch nur einem Funken gesunden Menschenverstandes sollte derartigen Orten lieber fernbleiben. Ich muss allerdings zugeben, das man all die herumliegenden blutigen Opfermesser und Fleischerbeile auch für ein harmloseres Handwerk als Mord benutzen könnte. Dies mag zu Missverständnissen geführt haben.

Und nun kam es, wie es kommen musste: einige Nagesh-Akolyten hatten den Volksauflauf bemerkt und betraten den Platz. Und ein charmanteres Paar durchgeknallter Massenmörder würde man vermutlich lange suchen müssen. Begnadet mit dem Charisma tollwütiger Kettenhunde streiften sie auf der Suche nach willigen Opfern umher.

„Opfert für Nagesh! Wer gibt ein Körperteil für Nagesh?“ Fordernd sprangen sie auf die Blaublüter zu und schneller, als die anwesenden Magier „Notfallteleportation“ sagen konnten, begannen sie, einige Nasen und Ohren zu stutzen. Die blutigen Fleischklumpen warfen sie in ein Kohlebecken, wobei ihre Trefferquote allerdings nicht allzu hoch war. Es begann, durchdringend nach verbranntem Fleisch zu riechen. Aber so roch es in Theosophia ja immer.

Der aufgeregte Reiseleiter begann, planlos herumzuhüpfen wie ein Huhn, das sein Ei legen möchte. Die unangenehme Wendung der Dinge begann nun selbst die Naivsten unserer ausländischen Besucher zu beunruhigen. Allzu gerne hätten sie die vordersten Plätze am Richtblock nun verlassen, aber in der dicht gedrängten Masse war leider kein Entkommen mehr möglich. Ich tauchte hinter einem Zelt ab, das wie eine Brauerei roch und wartete darauf, das endlich jemand tot umfiel."

Teil 3

Achmed trabte hinter mir her und nässte sich wimmernd ein. Dabei war er als einer der wenigen Anwesenden nicht in ernster Gefahr. Seitdem ihm bei einem meiner kleinen Invocationen ein Tentakel des Großen Alten fast den Kopf abgerissen hatte, sah Achmed sowieso schon aus, als habe er Nagesh sehr großzügig Teile seines Gesichtes geopfert. ich züchtigte den Trottel ein wenig mit meinem Zauberstecken und wartete darauf, das endlich jemand tot umfiel.

Dieser Wunsch wurde mir auch recht schnell erfüllt: als der verwirrte Reiseleiter den Akolyten zu nahe kam, hatten dieser ein Einsehen und packten ihn am Schlawitchen. Resolut zogen sie den erschreckt schluchzenden Mann Richtung Opferaltar und warfen ihn auf die blutigen Steine. Das Opfermesser muss wirklich von guter Qualität gewesen sein, denn es ging durch Fleisch und Knochen wie ein Löffel durch süßen Pudding. Der Henker warf das noch zuckende Herz zu der assortierten Fleischsammlung in die Opferschale und begann mit seinem freudig erregten Arbeitskollegen, Lobgesänge auf Nagesh anzustimmen. Ein kleiner kostenloser Rat von einem Meister-Invocator: Wenn Blut brennt, sollte man derartige Lobpreisungen besser unterlassen. Nagesh könnte die Schmeicheleien für bare Münze nehmen und mal kurz vorbei schauen.

Mit einem Donnergrollen kündigte er denn auch seine Zufriedenheit mit den Opfergaben ein, was von einigen verwirrten Nordmännern mit „Odin“-Rufen kommentiert wurde. War der Donner eigentlich nicht Thors Domäne?"

Teil 4

Ein Dimensionstor öffnete sich plötzlich, und so manchem der Schaulustigen gelang ein kurzer Einblick in eine höhere Ebene der Existenz. Die göttliche Sphäre war offensichtlich recht warm und roch nach Schwefel. Ein rötlich leuchtender Nebel waberte nun aus dem Tor hervor und verdeckte gnädig nähere Einzelheiten auf Nageshs Heimstatt. Alle Augenzeugen bestätigten später, das dies ein äußerst eindrucksvoller Anblick gewesen sei. Ich selbst verpasste den Beginn dieses Ereignisses leider fast völlig, da ich mich um meinen Sklaven Achmed kümmern musste. Er war nach Erhalt meiner ersten freundlichen Ermahnungen gestürzt und blutete gerade die Außenhülle des Brauereizeltes voll. Mit einigen gezielten Fußtritten half ich ihm wieder auf und betrachtete dann den Fortgang der Ereignisse.

Der Nebel war keineswegs die einzige Substanz, welche sich in unsere Welt begab; nun machte sich ein weiterer Besucher bemerkbar. Eine hochgewachsene Gestalt schritt über den Richtplatz und sog zufrieden die Dämpfe brennenden Fleisches ein wie ein besonders angenehmes Parfüm. Die Touristen bekamen in ihrer heutigen Tour ja wirklich Dinge geboten, von denen sie noch ihren Enkeln berichten konnten. Aber nur, falls sie die nächsten 5 Minuten überleben würden.

Der Neuankömmling trug die Robe eines Nagesh-Priesters, doch sein knochiger Schädel und seine fahl glühenden Augen täuschten nicht darüber hinweg, das es sich keineswegs nur um einen weiteren Akolyten handelte. Ich hatte in Nageshs heiligen Schriften Abbildungen dieser Gestalt gesehen und erkannte IHN natürlich sofort. Die Wahl dieses Avatars zeigte immerhin, das sich Nagesh in halbwegs leutseliger Stimmung befand und vermutlich nur die Hälfte der Anwesenden töten würde. Achmed wimmerte schrill vor sich hin, und ich konnte seine Gefühle nachvollziehen. Ich stopfte ihm ein Stück Sackleinen in den Mund, damit dieses Gewimmer Nagesh nicht auf uns aufmerksam machte. Noch waren wir nicht in SEINEN Fokus geraten, und das sollte besser auch so bleiben.

Auch die anderen Schaulustigen erkannten nun langsam, das sie sich in der Gegenwart eines GOTTES befanden. Die Priester warfen sich begeistert auf die Knie und begannen, seinen Namen zu lobpreisen. Dies war sicherlich eine gute Taktik in SEINER Nähe. Schließlich war Nagesh dafür bekannt, gerne mal alle Körperteile oberhalb eines Meters zu verdampfen."..

Teil 5

Die Touristen waren mit diesen Feinheiten angewandter theostelosischer Theologie offensichtlich nicht vertraut, denn sie blieben allesamt stehen. Dies konnte IHM natürlich überhaupt nicht gefallen und war nicht weise. Diese Provokation würde nicht ohne Folgen bleiben. Gegen den einen oder anderen Mord hätte ich ja gar Nichts einzuwenden; leider neigte Nagesh dazu, von seinen Opfern nur dampfende Pfützen zurück zu lassen, und wie sollte man dann die Leichen fleddern? Da wäre es ja einfacher, die Überreste auf Flaschen zu ziehen.

Nagesh war offensichtlich in jovialer Laune, denn ER hatte den Stadtteil bislang noch nicht in einen rauchenden Vulkan verwandelt. Drohend schritt der Gott auf die unhöflichen Besucher zu und suchte sich SEIN erstes Ziel aus. Als ER begann, mit den Besuchern zu sprechen, troff SEINE Stimme geradezu vor Gift, und ich hatte das Gefühl, als ob mir eine nagelbestückte Rasierklinge in die Ohren gestopft wurde. Diese Empfindung überwältigte mich derart, das ich die Worte kaum verstand und ich sie daher hier nicht mehr wahrheitsgemäß wiedergeben kann. Aus den bleichen Gesichtern der Adressaten SEINER Worte konnte man allerdings leicht schließen, das es keine allzu netten Gespräche waren, die ER mit den Besuchern führte. Dann wandte Nagesh sich an einen Yaromesen, dessen Gesicht ich schon mal irgendwo gesehen hatte. Nagesh war allerdings so freundlich, die Identität des Mannes für mich zu enthüllen.

„Ah, der Padischa von Yaromo ist hier. Ahmand Al Sulayman opfert dem Imnuteph? Er sollte MIR opfern!“ Diese Worte rissen mich aus meinem durch Schmerz hervorgerufenen Tranceartigen Zustand. Nagesh ärgerte sich offenbar darüber, das Yaromo einem Emporkömmling wie Imnuteph Gastfreundschaft gewährte. Vermutlich würde er zur Unterstreichung seiner ehrlichen Gefühle durch Blut waten, und das wäre nicht hilfreich. Der Padischa war ein alter Verbündeter unseres Reiches. Sollte er bei einem Besuch unserer Hauptstadt durch einen unserer Götter umkommen, würde dies vermutlich Krieg bedeuten. Viele Nagesh-Gläubige könnten die Vernichtung eines Staatsoberhauptes durchaus als Zeichen deuten, das Yaromo auf göttlichen Befehl dem Erdboden gleichzumachen sei. So etwas würde den halben Kontinent ins Chaos stürzen. All dies in SEINEM Namen vergossene Blut könnte Nagesh derart stärken, das er aus purer Launenhaftigkeit die gesamte Menschheit vernichten könnte. Offensichtlich musste ich jetzt eingreifen und die Welt retten. Ein schrecklicher Gedanke!

Ich zückte meinen Zauberstab und trat hinter dem Zelt hervor. Um die Aufmerksamkeit auf mich zu lenken, rief ich „Haltet ein“ oder etwas ähnlich Lahmes. Immerhin wackelte ich dabei drohend mit dem Stab. Nagesh betrachtete mich neugierig, und dank seines Knochenschädels war schwer zu sagen, was er von meinem Eingreifen hielt. Es war jetzt höchste Zeit für eine eindrucksvolle Zurschaustellung meiner Zauberfähigkeit, bevor er mich in eine Made verwandelte.

Magisches Feuer trat aus meinem Stab hervor und erhellte in riesigen lodernden Flammen den Nachthimmel, dabei in allen Farben des Regenbogens schillernd. So jedenfalls hatte ich es geplant. Leider hatte ich in den vergangenen Wochen die Ladekapazität des Stabes nicht so aufmerksam im Auge behalten, wie ich es hätte tun sollen. Sowohl die Menge als auch die Hitze der Flammen war dementsprechend ein wenig geringer als erwartet. Eigentlich sogar ziemlich viel kleiner. Wozu lange darum herum reden: es war ein armseliger Funkenschlag, der kaum ausgereicht hätte, um ein Vorhängeschloss zu zerschmelzen. Bei allen Göttern, ich war erledigt!"

Teil 6

Diesen Gedanken durfte ich gar nicht erst weiter verfolgen, sonst war ich wirklich in Schwierigkeiten. Was mir an Magiestärke fehlte, musste ich einfach durch Unverschämtheit wieder wettmachen. Wild gestikulierend ging ich auf Nagesh zu und tat so, als könnte ich Ihn ernsthaft bedrohen. „Verschwinde, du Dämon der Unterwelt!“ rief ich laut und hoffte nur, das er solch liebevolle Bezeichnungen mochte. Die Nagesh-Akolyten betrachteten mich mit offenen Mund und starrem Blick; offenbar wussten auch sie nicht so recht, was sie von mir halten sollten. Der Bärtige kratzte sich verwirrt am Kopf. „Darf der das?“ fragte er mehr klagend als verärgert. Eine solch komplexe Situation überforderte ihn offensichtlich maßlos. Wenigstens attackierte er mich nicht. Ich wäre an seiner Stelle aber auch nicht in meine Nähe gegangen.

Das Schöne an Chaos-Göttern ist die Tatsache, das ihre Handlungen absolut unvorhersehbar sind. Natürlich hätte Nagesh mich nun vernichten können, aber da nun Jedermann diesen Zug von IHM erwartete machte Nagesh etwas völlig Anderes. ER begann tatsächlich, vor mir zurück zu weichen, und mit neuem Mut erfüllt folgte ich IHM nach, dabei den Zauberstab schwenkend und dummes Zug vor mich hinbrabbelnd, welches sich hoffentlich nach einem mächtigen Zauberspruch anhörte. Nagesh zog sich relativ unspektakulär zu seinem Dimensionstor zurück. Ich spürte, das ER mich auf der Astralebene begutachtete, bevor ER, SEIN Knochengesicht zu einem amüsierten Grinsen verzogen, erneut durch das Tor schritt. Verglichen mit SEINEM Auftritt war SEIN Abgang deutlich unspektakulärer. Das Tor schloss sich ohne weitere Mätzchen, und wir Menschen waren endlich wieder unter uns.

Na, das hatte doch wunderbar geklappt! Ich schaute mich triumphierend nach dem Padischa um, um ihn bei dieser günstigen Gelegenheit anzupumpen, aber er hatte sich in der Zwischenzeit scheinbar in Luft aufgelöst. Ich steckte einen der Opferdolche ein und hielt nach weiterer Beute Ausschau. Einige Bürger begannen zögernd, sich dem jugendlichen Helden (also mir) zu nähern. Jemand zeigte auf mich. „Dies ist Magus Morbus!“ Freundlich winkte ich der Menge zu. Dies war immerhin meine Chance, mir einen guten Ruf in der Hauptstadt zu verschaffen, womit all die bösartigen Gerüchte über mich in verschiedenen Provinzen des Reiches deutlich unglaubwürdiger würden.

Zögernd näherte sich das dankbare Volk und griff nach meinen Händen, vermutlich, um sie aus Bewunderung abzuküssen. Das dachte ich in meinem jugendlichen Leichtsinn. Natürlich hatte ich falsch gedacht, wie schon die nächsten Worte des Jemands bewiesen. „Ergreift diesen Gotteslästerer!“ Noch bevor ich erneut mit meinem leeren Zauberstab drohen konnte, schleppte man mich zum Opferaltar, und der bärtige Akolyt nickte lächelnd. „Das durfte der nicht!“ Zumindest für ihn war die Ordnung der Welt wieder hergestellt. Auch mein Weltbild war bestätigt, wenn ich recht darüber nachdenke. Schließlich wird jede gute Tat sofort bestraft.

Es hätte vermutlich kein gutes Ende mit mir genommen, wenn nicht einige diebische Finger begonnen hätten, meinen Alabasterkörper noch vor meinem unverdienten Opfertod zu plündern. Dabei wurde nämlich entdeckt, das ich einen Opferdolch stibitzt hatte. Ein Priester griff nach dem Dolch, schwenkte ihn mehrfach durch die Luft und rief „Haltet ein“ (oder etwas ähnlich Lahmes).

„Dieser Mann ist nicht nur ein Gotteslästerer, sondern bestiehlt auch noch unseren Tempel. Er ist als Opfer für Nagesh nicht würdig. Schafft ihn mir aus den Augen!“ Als mich die wütende Menge los ließ, nützte ich die Chance und rannte in die Dunkelheit davon. Man konnte ja nie wissen, was diesen religiösen Spinnern noch so alles einfiel. Das war ja ein wirklich toller Abend: mein Zauberstab war leer, ich hatte eine Menge Schläge und Knüffe einstecken müssen, und mein Sklave Achmed hatte die Chance genutzt und war entsprungen. Immerhin lebte ich noch, und jeder überlebte Tag war ein Sieg gegen die Wahrscheinlichkeitsrechnung.

"So war das damals in Theosophia, und ehrlich gesagt hat es sich bis heute kaum geändert. Was das alles mit dem Blutwein zu tun hat, den ich damals getrunken habe? Natürlich nicht das Geringste! Schon eher mit dem Blutwein, den ich in wenigen Minuten zu mir nehmen werde! Achmed! Hast du wirklich geglaubt, das ich dich nicht wieder erkenne? Eine nette Kneipe hast du dir hier aufgebaut, das muss ich ja zugeben. Das Leben war anfangs sicherlich nicht einfach für dich, so völlig mittellos und gesucht als entsprungener Sklave. Eigentlich tut es mir ja fast leid, aber als ich vorhin zur Tür herein kam, habe ich einen Zauber auf dich gewirkt, der dir langsam das Leben heraussaugt. Du fühlst dich bereits recht schwach? So muss es auch sein. Angeblich ist es kein besonders schmerzhafter Tod, aber das kannst du sicherlich besser beurteilen als ich. Persönlich habe ich ja Nichts mehr gegen dich, aber leider ist es eine Frage des Prinzips. Von meinen Sklaven entkommt keiner! Und ich habe bislang noch Jeden wieder gefunden…“

ENDE...

Kleiner Nachtrag:

"Nein, ich bin wirklich nicht von hier. Manche meinen ja, ich wäre unter einem feuchten Stein hervor gekrochen oder aus einer Erdspalte entschlüpft. Keine sonderlich schmeichelhaften Vermutungen, aber ich bin den Urhebern dieser Gerüchte nicht weiter böse. Schließlich soll man nicht schlecht über Tote reden. Ich komme in Wahrheit aus dem Südwesten von Theostelos, genauer gesagt aus der zu Recht eher unbekannten Provinz Maringola. Mein Vater hatte für mich eine Priesterkarriere im Dienste des lokalen Kriegsgottes Moribulus vorgesehen. Dort hätte mein Leben darin bestanden, armseligen verblendeten Ketzern kräftig aufs Haupt zu schlagen, nervigen alten Vetteln über die Straße zu helfen und sich ansonsten demütig in eine Existenz voller Entbehrungen und Askese zu bescheiden. Bei derartigen Aussichten fragte ich mich entsetzt, was denn mein Vater eigentlich gegen mich hatte.

Zur allgemeinen Erleichterung meiner Theologielehrer befreite ich Gott Moribulus schnellstens von meinen Diensten und schüttelte den Staub Maringolas von den Füßen. Die sträflich nachlässig verwahrte Kollekte des Ritterordens half mir über die ärgsten Reisestrapazen hinweg, und nach einigen weiteren Irrwegen landete ich schließlich in Theosophia, wo ich zwar nicht unbedingt mein Glück machte, aber zumindest etwas weniger Pech hatte denn an anderen Orten."

Nachtrag von Erdi

Bitte vom alten Erdelementar

Schöne Geschichte :o) Auch wenn der Nagesh sehr blutruenstig geworden ist ;o)

Einen Anliegen habe ich aber, bevor das Kultur wird. Bitte änder doch den Namen des Abduls in den des Achmeds wie du es später geschrieben hast. (erledig, Benutzer:Bersena)

Denn vor deiner Zeit gab es einen ganz tollen lieben Freund, welcher den Namen Abduls trug (du erinnerst dich an den Yaromesichen Trinkgesang Abdul?), welcher leider verblichen ist in der realen welt. Die Zeilen haben mich doch wieder sehr an diesen erinnert, was wohl unweigerlich auch andere dann machen werden. Und in dem Zusammenhang ist es leider unpassend