Der Aufbruch

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Author: Kahar Takim

Nachdem ich, Kahar Takim, die Macht übernommen hatte und der Regent vieler tausend Menschen geworden war, mußte ich mein Leben völlig umstellen. Bislang hatte ich innerhalb unseres Ordens dahermeditiert und mich um die Belange meiner wenigen Schäfchen gekümmert. Die Bruderschaft des Kreises zählte damals nur wenige Mitglieder. Unser Orden hatte nur zwei Tempel und einen sehr geringen Bekanntschaftsgrad. Eines der bekanntesten Mitglieder war Innozent 92. von Askatia gewesen, welcher sich niemals Tumadschin Khan unterworfen hatte. Sein Sohn Innozent 93. von Askatia ist heute überzeugter Anhänger der Bruderschaft des Kreises, sowie einer meiner treuesten Fürsten. Innozent 93. hatte nicht unentscheidend am Aufstand gegen den Khan Anteil. Seine Kreisritter verdienen es auch in diesen Zeilen Erwähnung zu finden. Während der ersten Jahre meiner Regentschaft sammelte ich möglichst viele Informationen über die mich umgebenden Länder und Völker. Ich versammelte eine Gruppe von Männern um mich, welche mir mit Rat und Tat zur Seite standen. Wir schmiedeten Pläne und verwarfen sie wieder; wir beratschlagten und diskutierten lange Jahre. Während dieser Zeit war Theostelos ein sehr sehr kleines Land geblieben, nicht größer als 400 km in der Breite und Länge, ca. 350 000 Menschen bewohnten die großen Wälder des Landes. Nachdem die von mir ausgesandten Späher zurückgekehrt waren konnten wir uns endlich ein Bild von unseren Nachbarn und deren militärischer Stärke machen.

Im Norden waren große Waldgebiete gefunden worden, die von Menschen ohne einheitliche Führung bewohnt wurden. Nordöstlich von vom Kontinent befindet sich die Insel Askatia, welche von Innozent 93. regiert wurde. 100 Tagesreisen in Richtung Süden befand sich die Festung Morageb, welche Stammsitz eines Königs war, des Königs von Carmoth, genannt Tallita. Im Westen entdeckten meine Kundschafter die Stadt Mankées, welche unbürokratisch von einem Hauptbürger regiert, oder besser: verwaltet wurde. Noch weiter westlich soll zu diesem Zeitpunkt ein Krieg zwischen einem Tyrannen und dem legitimen Herrscher der Gegend stattgefunden haben. Viele tausend Kilometer in Richtung Süden, hinter den großen Gebirgen muß ein großer Wüstenkrieger viele Reiter um sich versammelt haben, doch dies war so unsicher, daß wir unsere Strategie nicht davon abhängig machen konnten.

Ich entschloß mich dazu, ein großes Reiter- und Kriegerheer aufzustellen, um mein Reichsgebiet zu erweitern. Das Aufstellen dieser Streitmacht und das Bauen einer Kriegsflotte bestimmten die nächsten Jahre in deren Verlauf ich erneut Reiter in alle Richtungen des Windes entsandte. Diesmal schickte ich aber kleinere Gruppen los, welche ich als Botschafter propagierte. Eine jede Gruppe hatte die Aufgabe, die Herrscher des Kontinentes zu einem Reichstag einzuladen, um ihnen dort Vorschläge und Angebote unterbreiten zu können. Ich war gerade im 7. Jahr meiner Regentschaft, als das Heer aufgestellt, die Flotte gebaut und die Einladung an alle überbracht war.

8000 Reiter standen nun unter meiner Fahne, bereit dazu in alle Richtungen des Windes aufzubrechen, um die Macht des Reiches zu vergrößern. Ich mußte nicht lange warten und der Reichstag stand vor der Tür. Der Nachfolger des unter seltsamen Umständen verstorbenen König Tallita, genannt Kugellocke der Harmlose kündigte sein Kommen genauso an, wie König Hartim von Maringola, Herrscher der westlichen Lande. Auch der treue und tapfere Innozent 93. wollte erscheinen. Viele Abenteurer wurden angelockt und waren sehr willkommen. Der "Hauptbürger" von Mankées konnte nicht selbst erscheinen, schickte aber seinen Stellvertreter zu den Gesprächen.

Im Ganzen waren zwei Könige, mehrere souveräne Monarchen mit anderem Titel, ungezählte Stammesfürsten und Dorfschulzen, sowie viele Dutzend Abenteurer, Wissenschaftler, Reiche und Wichtige anwesend. Nachdem alle Regenten zu Wort gekommen waren und die meisten unmißverständlich zum Ausdruck gebracht hatten, daß sie auch weiterhin souverän zu bleiben gedachten, kam ich als letzter an das Rednerpult heran getreten. Hier meine Rede:

"Edle Herren des südwestlichen Teilstücks des zerborstenen Kontinents Erkenfara. Hört meine Worte und die der Götter von denen ich weiß und an die Ihr zu glauben gewöhnt seid. Der Zeitpunkt der Entscheidung ist gekommen, die Zeit ist reif, die Welt hat sich wieder gefangen, der Phönix ist zur Ruhe gekommen und der Mensch hat überall begonnen zu schaffen. Noch gibt es viele Völker und Kulturen, doch bald werden sich acht dieser Völker aufmachen und die anderen zu unterwerfen und Macht anzuhäufen und Kriege zu führen gegen die anderen Völker. Es wird ein Wettrüsten geben, welches die Vorstellungskraft eines jeden Menschen übersteigt. Die Göttin Marilith spricht hierzu, daß niemand diese Dinge aufhalten oder gar abändern kann, nicht einmal die Götter selbst.

Ich weiß, daß meine überlegenen Waffen Euch nicht schrecken, denn Ihr seid stolz; ich weiß, daß meine Götter Euch nichts bedeuten, denn Ihr habt die Euren. Doch ich sage Euch, daß es kein Wählen gibt, kein Zögern geben darf. Mit mir zur Stärke und Pracht oder gegen mich und damit in die Versklavung. Nicht meine 8000 Reiter werden Euch mit Krieg überziehen. Nein, die Horden anderer Herrscher wer den Euch zerreißen wie die Schafe. Einer nach dem anderen wird die Waffen strecken müssen und dem Tod ins Auge sehen. Ich frage Euch nicht, ich flehe nicht um Euren Eid, denn weder ich noch diese Rede kann Euch dazu zwingen, nur das Schicksal allein.

Doch höret meinen göttlichen Auftrag! Erobere! Horus ist mit Dir. Verehre mich mit Feuer und Blut, verehre mich mit Schwertern und Speeren, laßt Blut in meinem Namen fließen, stampf die Heiden nieder, sei auf ihnen, oh Krieger. Fürchte nichts, weder Menschen noch Schicksale noch Götter, noch irgend etwas. Geld fürchte nicht, noch das Gelächter des närrischen Volkes, noch irgendeine Macht im Himmel oder auf der Erde oder unter der Erde. Schlage hart und tief und zur Hölle mit ihnen, herrsche!"

Nach diesen Worten endete meine Ausführung und wurde abgelöst von einer unheimlichen, vollkommenen Stille. Sie dauerte und dauerte, bis ein unbedeutender Abenteurer anfing mit seinem Speer gegen seinen Schild zu schlagen, dieses leise Geräusch war in allen Räumen meines Palastes zu vernehmen und in der großen Versammlungshalle brach sich das Echo an allen Wänden. Das Klopfen wurde nun ergänzt vom Klatschen eines Dorfschulzen und dem stampfen eines Zwergenhäuptlings. Nach wenigen Minuten stampfte, klatschte, schlug und tobte der gesamte Saal. Worte hätten niemals mehr ausdrücken können, als die nächsten Minuten, die ich meinen Lebtag nicht vergessen werde. Ich war nun Herrscher eines Reiches, welches sich über 5000 Kilometer in der Länge sowie 2000 Kilometer in der Breite erstreckte. Es war allen Anwesenden im Stillen klar, daß eine neue, glorreiche Epoche angebrochen war. Ein klammes Gefühl machte sich in den Herzen breit, ein Gefühl, welches seit der Landung des Phönix verloren ward, das Gefühl der Zusammengehörigkeit und der territorialen Größe. Ich hatte erreicht, was ich niemals zu träumen gewagt hatte, ich hatte eine Einheit geschaffen welche politischer, wirtschaftlicher, emotionaler, kurz wunderbarer Natur war. Die gesamte nördliche Hälfte des Kontinents ward von nun an Theostelos genannt.

Nachdem ich also zunächst das Urreich von Theostelos innerhalb der letzten sieben Jahre mit einem Straßennetz überzogen hatte, weitere Dörfer errichten ließ, das Heer modernisierte und für all die anderen wichtigen Dinge einer gut funktionierenden Infrastruktur gesorgt hatte, mußte ich nun einsehen, daß diese Arbeiten nichts waren im Vergleich zu den nun vor uns liegenden Schwierigkeiten, welche sich durch die Größe des neuen Großreiches ergaben. Zunächst versammelte ich all jene Menschen um mich, die mir während des Reichstages ins Auge gefallen waren. Hierzu gehörten die Könige von Carmoth und Maringola. Diese beiden beiden völlig unterschiedlichen Edlen zeichneten beide aus durch den ihnen eigenen Humor und Witz. König Hartim von Maringola ist ein 23 Jahre alter, tapferer Krieger, der bereits mit seinen jungen Jahren über einen großen Grad von Reife verfügt. Er wollte so früh wie möglich heimkehren ins Land seiner Väter, welches erst vor vier Monaten von der blutigen Herrschaft des "Mannes aus dem Westen" befreit werden konnte. Meine kaiserlichen Kartographen hatten inzwischen die exakten Grenzen des Kontinents auf verschiedenen Karten eingezeichnet. Hartim und Kugellocke der Harmlose forderten jeweils, daß sie ihre bisher souveränen Königreiche auch weiterhin innenpolitisch eigenverantwortlich regieren dürfen. Dies gestand ich ihnen natürlich zu, da ich niemanden für besser geeignet hielt, diese Gebiete zu regieren denn diese beiden. Ich zog mit aller von mir aufzubringender Gerechtigkeit die Grenzen zwischen Lehensgebiet und dem Kaiserland. Beide Könige waren damit einverstanden, daß ich oberster Befehlshaber der Streitkräfte blieb und im Kriegsfalle auch alle Truppen der Lehensherren mir unterstehen sollten. Die gesamten Steuereinnahmen der beiden Königslehen werden mir zur Verfügung gestellt, fließen jedoch Größtenteils zurück in die beiden Königtümer, wo sie zum Bau von Straßen, Brücken, Wällen, Flotten und natürlich zum unterhalten einer Streitmacht verwendet werden.