Neemstrauch
„Grün ist sein Zorn, bitter ist seine Gnade.“ – Spruch der alten Nordheimer Heiler
Im flimmernden Süden Erkenfaras, dort, wo raue Winde über die moosigen Felsen der Küste hallen, wächst ein Baum von besonderer Macht: der Neemstrauch, in der Sprache der Ureinwohner von Vir'Vachal auch „Nîm’Arû“, der Bittergrün, genannt.
Herkunft und Entdeckung
Ursprünglich entstammt der Neemstrauch der Küstenregion Vir'Vachals, einem Gebiet, das einst vom Reich Nordheim besetzt wurde. Die Nordheimer – eigentlich raue Stammesvölker mit Hang zu Stein, Eisen, Frost und Sturm – begegneten im Süden nicht nur einem ungezähmten Land, sondern auch einer völlig fremden Flora.
Es waren die Heiler des Eidgezweigs von Isen, die zuerst seine Kräfte entdeckten. In den Blättern und der Rinde des Neemstrauches fanden sie ein bitteres Harz, das Entzündungen linderte und Fieber senkte. Aus den Samen wurde ein kräftiges Öl gewonnen, das gegen Parasiten, Wunden und Gifte wirkte. Die Nordheimer, die anfangs das fremde Land verachteten, begannen den Baum zu ehren.
Anwendung in Heilkunst und Ritual
Der Neemstrauch wurde bald zu einem festen Bestandteil Nordheimer Heilkunst, vor allem im Grenzgebiet zwischen dem ehemals durch Nordheim besetzten Bereiches und Vir'Vachal. Man rieb Krieger mit Neemöl ein, bevor sie in verseuchte Sümpfe ritten. In Tempelzelten wurden Neemblätter zu einem bitter duftenden Räucherwerk verbrannt – nicht nur zur Reinigung von Wunden und Luft, sondern auch, um böse Geister zu vertreiben. Der Rauch galt als heiliger Hauch Eirs, des Göttin der Heilkunde und der Heilung.
Magische Bedeutung
In den späteren Jahrhunderten entwickelten sich in den Grenzlanden Rituale, bei denen der Neemstrauch eine zentrale Rolle spielte. Man glaubte, seine Wurzeln verbanden die Lebenden mit den Vorfahren, und der Rauch seiner Blätter öffne das „Bittertor“ – eine Pforte zwischen der sterblichen Welt und der Geisterebene. In Vir'Vachal entstanden neue Kultformen, in denen nordheimische und südliche Riten miteinander verschmolzen.
Heute
Obwohl Nordheim längst aus Vir'Vachal verdrängt wurde, sind Spuren ihrer Präsenz noch immer sichtbar – besonders in den Heilerhäusern der Küstenorte, wo Neemöl nach alten Nordheimer Rezepturen destilliert wird. Der Neemstrauch wächst nun wild in den verlassenen Festungsruinen, aber er wird von den Einheimischen mit Ehrfurcht behandelt – als Zeuge einer Zeit, in der Norden und Süden sich die Hand reichten.