Hræsvelgr: Unterschied zwischen den Versionen

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In unserer Sprache heißt er Hræsvelgr – Hræ, das ist der tote Leib, und Svelgr, das ist der Verschlinger. Ein Name, der nicht leichthin ausgesprochen wird, denn er trägt das Echo des Endes. Wenn seine Schwingen rauschen, kauern sich die Hirten in ihren Hütten und die Schiffe kehren in die Fjorde zurück.
 
In unserer Sprache heißt er Hræsvelgr – Hræ, das ist der tote Leib, und Svelgr, das ist der Verschlinger. Ein Name, der nicht leichthin ausgesprochen wird, denn er trägt das Echo des Endes. Wenn seine Schwingen rauschen, kauern sich die Hirten in ihren Hütten und die Schiffe kehren in die Fjorde zurück.
  
Was die alten Lieder sagen
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Hræsvelgr ist kein gewöhnlicher Adler. Er ist größer als ein Langschiff, sein Gefieder soll silbern sein wie die Schwerter der Walküren und schwarz wie der Rabenmantel Odins.
In den Versen der Vafþrúðnismál, die von den Runenweisen am Feuer gesprochen werden, ist über ihn zu hören:
 
 
 
„Hræsvelgr sitzt am End’ der Himmel,
 
ein Jotun in Adlersgestalt.
 
Wenn er mit Flügeln fliegt,
 
entsteht der Wind über Menschen.“
 
 
 
So lehren es die Skalden, und so erzählen es die Winde selbst, wenn sie heulen in den Kaminen alter Hallen. Hræsvelgr ist kein gewöhnlicher Adler. Er ist größer als ein Langschiff, sein Gefieder soll silbern sein wie die Schwerter der Walküren und schwarz wie der Rabenmantel Odins.
 
  
 
Wer den Himmel und das Meer kennt, weiß: Wenn der Sturm aus dem Norden kommt und die Bäume sich biegen wie niedere Knechte vor dem Jarl, dann ist Hræsvelgr geflogen.
 
Wer den Himmel und das Meer kennt, weiß: Wenn der Sturm aus dem Norden kommt und die Bäume sich biegen wie niedere Knechte vor dem Jarl, dann ist Hræsvelgr geflogen.

Version vom 23. Mai 2025, 13:38 Uhr

Hræsvelgr, der Leichenschlinger, sitzt am nördlichsten Ende des Himmelszelts, wo die Welt dem gähnenden Abgrund entgegenblickt. Dort, wo Wind und Tod sich begegnen, schlägt er mit gewaltigen Schwingen – und aus seinem Flug entstehen die Stürme, die über Erkenfara fegen. Manche sagen, er sei ein Jötunn, andere sprechen von einem uralten Tiergeist, der älter ist als selbst Odin weiß.

In unserer Sprache heißt er Hræsvelgr – Hræ, das ist der tote Leib, und Svelgr, das ist der Verschlinger. Ein Name, der nicht leichthin ausgesprochen wird, denn er trägt das Echo des Endes. Wenn seine Schwingen rauschen, kauern sich die Hirten in ihren Hütten und die Schiffe kehren in die Fjorde zurück.

Hræsvelgr ist kein gewöhnlicher Adler. Er ist größer als ein Langschiff, sein Gefieder soll silbern sein wie die Schwerter der Walküren und schwarz wie der Rabenmantel Odins.

Wer den Himmel und das Meer kennt, weiß: Wenn der Sturm aus dem Norden kommt und die Bäume sich biegen wie niedere Knechte vor dem Jarl, dann ist Hræsvelgr geflogen.

Er herrscht über die Winde, wie Thor über den Donner. Doch anders als der Donnergott zeigt sich Hræsvelgr nicht. Er ist eine Kraft, kein Gefolgsmann. Er trägt die Seelen der Gefallenen auf seinen Schwingen, fliegt über die Grabstätten und streut den Wind wie Runen über die Welt.

In der Lehre der Druiden – und die alten Männer in den dunklen Wäldern Nordheims schwören darauf – ist Hræsvelgr auch ein Hüter der Schwelle. Dort, wo Leben in Tod übergeht, und wo der Schleier dünn ist, schwebt er über den Geistern, die noch nicht wissen, ob sie gen Hel oder Walhall ziehen.

Wer unter dem Zeichen Hræsvelgrs geboren ist, so sagen die Seherinnen, trägt in sich die Gabe der Weite. Adler fliegen zu ihnen, Träume führen sie über Länder hinweg, und ihre Seelen hören den Ruf des Windes. Sie wandern, sie forschen, sie flüstern mit Tieren und deuten Zeichen, die anderen verborgen bleiben.

Doch der Preis ist hoch: Die Nähe zu Hræsvelgr bedeutet auch Nähe zum Totenreich, zu Einsamkeit, zu unaufhörlicher Bewegung.

Junge Skalden und Gelehrte seien gewarnt: Hræsvelgr ist kein Götterfreund, aber auch kein Feind. Er ist ein Wesen, das jenseits von Gut und Böse weilt – wie das Meer, wie die Zeit.

Wer auf den Klippen steht und in den Sturm ruft, möge wissen, dass er Hræsvelgrs Namen nicht achtlos ausspricht. Denn der Leichenschlinger vergisst nicht.